Exkursion der TBG am 3.7.2010

Grabsche Berge bei Mühlhausen und Hanfsee bei Schlotheim

17 Mitglieder und Freunde der Thüringischen Botanischen Gesellschaft (TBG) hatten sich – trotz der Hitze – am 3.07.2010 an der Notterbrücke zwischen Görmar und Bollstedt westlich von Mühlhausen zur Exkursion „Grabsche Berge bei Mühlhausen und Hanfsee bei Schlotheim“ eingefunden. Die meisten der Teilnehmer waren aus Ostthüringen angereist (Jena, Hainspitz, Stadtroda, Gera) – ein Zeichen dafür, wie groß nach dem schönen Vortrag von Dr. Uli Fickel zur Wintertagung der TBG in Mühlhausen am 27.02.2010 „Die Grabschen Berge – ein bemerkenswertes Naturschutzgebiet in Nordwestthüringen“ das Interesse an diesem Gebiet war.

Auch Frau Halle von der unteren Naturschutzbehörde des Unstrut-Hainich-Kreises war dabei – ein Beleg für die gute Zusammenarbeit der Familie Fickel mit „ihrer“ UNB.

 

Die Exkursion wurde von Hanna und Dr. Ulrich Fickel (Mühlhausen) und von Dr. Karl-Friedrich Günther (Jena) geleitet. Dr. Fickel übernahm die Erläuterungen zu Geologie und Naturraum und zeigte die Rote-Liste-Pflanzenarten, Dr. Günther stellte schwierige Sippen vor, frischte aber auch bei den sogenannten „Allerweltsarten“ auf seine beliebte Art die Erkennungsmerkmale auf. Hanna Fickel übernahm die Führung im Gelände und wachte auf die Einhaltung des Zeitplans (was angesichts der Fülle der gezeigten Arten ziemlich schwierig war).

 

Entlang der stillgelegten Eisenbahnstrecke nach Schlotheim ging es im Nottertal nach Norden; mit Feld-Mannstreu (Eryngium campestre) und Wollköpfiger Kratzdistel (Cirsium eriophorum) waren erste Charakterarten des Thüringer Beckens zu sehen.

Das Naturschutzgebiet (NSG) „Grabsche Berge“ steht seit 1996 unter Schutz und hat eine Größe von ca. 56,4 ha (vorher gab es hier bereits drei Flächennaturdenkmale). Es ist Bestandteil des Höhenzuges der „heilinger Höhen“ und gehört zum NATURA2000-Gebiet Nr. 201 „Keuperhügel und Unstrutniederung bei Mühlhausen“. Den Untergrund bildet der Mittlere Keuper mit Gipseinlagerungen; auf den Plateaus stehen teilweise eiszeitliche Terrassenschotter an.

Gleich am ersten Anstieg wurde die Bologneser Glockenblume (Campanula bononiensis) vorgestellt, die hier erst vor wenigen Jahren von Familie Fickel gefunden wurde. Insgesamt sind in diesem artenreichen NSG (über 300 Pflanzenarten wurden nachgewiesen!) aktuell 21 Arten der thüringischen „Roten Liste“ der Pflanzenarten vorhanden, wovon ein großer Teil heute zu sehen war (wenn auch nicht alle blühend). Den Schwerpunkt nehmen dabei natürlich die Arten der kontinental geprägten Halbtrockenrasen ein, von denen die Steppen-Wolfsmilch (Euphorbia seguieriana, eine von sieben Wolfsmilch-Arten des Gebietes), die Zottige Fahnenwicke (Oxytropis pilosa) und das Zierliche Johanniskraut (Hypericum elegans) besonders hervorgehoben werden sollen. Die Massenbestände des Frühlings-Adonisröschens (Adonis vernalis), die für viele Anwohner der umliegenden Orte den Hauptreiz des Gebietes ausmachen, waren noch zu sehen. Erst vor wenigen Tagen  war bei einer Vorexkursion die Große Sommerwurz (Orobanche elatior) neu aufgefunden worden, die heute am südexponierten Hang des Weinberges mit ihrem Wirt Skabiosen-Flockenblume, Centaurea scabiosa, zu sehen war.

Auf dem „Kalkhügel“ standen schöne Bestände der sonst in Thüringen nicht häufigen Feld- oder Acker-Rose, Rosa agrestis (aus der Rosa elliptica-Gruppe).

Einen weiteren Schwerpunkt des Gebietes bilden die Äcker, von denen einige sogar in das NSG einbezogen wurden. Zahlreiche gefährdete Ackerwildkräuter waren zu sehen (wenn auch – bewirtschaftungs- oder wetterbedingt – nicht alle in den  hohen Individuenzahlen der Vorjahre). Genannt sein sollen hier Venuskamm (Scandix pecten-veneris), Ackerkohl (Conringia orientalis) Rundblättriges Hasenohr (Bupleurum rotundifolium, in großer Anzahl) und (segetal!) Rundköpfiger Lauch (Allium rotundum).

 

Die Wiesenflächen im Gebiet werden mit Schafen beweidet. Während sich einige Bereiche (Kirschberg, „Wolfsmilchsteppe“) in gutem Pflegezustand präsentierten, war in anderen Teilen die Verbuschung und Verfilzung der Rasen sehr stark. Das Gebiet ist jedoch Bestandteil des LIFE+-Projektes „Erhaltung und Entwicklung der Steppenrasen Thüringens“, welches 2008 durch die EU-Kommission genehmigt wurde, und es ist zu erwarten, daß sich durch die Pflegemaßnahmen im Rahmen dieses Projektes der Zustand deutlich verbessern wird.

 

An einem schattigen Plätzchen im Waldgebiet „Sonder“ südlich von Schlotheim wurde Rast gemacht, Inge Biewald und Elke Rode hatten Kuchen gebacken.

 

Im zweiten Teil der Exkursion wurde ein völlig anderes Gebiet vorgestellt: Im Waldgebiet des Sonder südöstlich von Schlotheim, von dem seit 1961 ein ca. 89 ha großer Teil als NSG ausgewiesen ist, befinden sich mehrere als Folge von Auslaugungen entstandene Erdfälle, deren größter und bekanntester der Hanfsee ist. Dessen baumfreie Kernfläche wird von einem Sphagnum-Moor bedeckt, größere Bereich werden von Moorbirken eingenommen und am Rand des Moores stocken Seggenrasen.

Ein Betreten der Moorfläche verbot sich aus Naturschutzgründen. Nach einer allgemeinen Einführung durch Dr. Fickel stellte Dr. Günther jedoch die charakteristischen Arten des Moores (wie Schlank-Segge Carex acuta = gracilis, Sumpf-Segge C. acutiformis, Ufer-Segge C. riparia, Schnabel-Segge C. rostrata und Sumpf-Reitgras Calamagrostis canescens), aber auch Besonderheiten wie den Kammfarn (Dryopteris cristata) und Fieberklee (Menyanthes trifoliata) vor. Auf dem Waldpfad wurde der Hanfsee umrundet, die verschiedenen Waldbilder mit ihren charakteristischen Arten (v.a. Gräser und Farne) wurden vorgestellt. Zum Abschluß wurde in einem kleineren Erdfall noch ein Bestand des Sumpffarns (Thelypteris palustris) gezeigt.

 

Die Exkursion war mit großem Aufwand vorbereitet worden. Besonders fiel auf, wie gut sich die „Hobbybotaniker“ (Familie Fickel) und der Profi Dr. Günther ergänzten, so daß es für alle Teilnehmer eine interessante und lehrreiche Exkursion war. Viele Dank den Verantwortlichen für diesen schönen Tag!

Der Wunsch wurde geäußert, auch im nächsten Jahr den Unstrut-Hainich-Kreis wieder im Rahmen einer botanischen Exkursion zu besuchen.

 

 zum Weiterlesen:

 

allgemein:

Reuther R. & R. Weise (1996): Der Unstrut-Hainich-Kreis mit seinen Landschaften, Naturschönheiten und Schutzgebieten. - Hrsg: Naturschutz- und Informationszentrum Nordthüringen e.V. – 64 S.

Tillich, H.-J. (1996): Flora von Mühlhausen/Thüringen. – Haussknechtia Beih. 5.

 

Grabsche Berge:

Meyer, F. K. (1984): Exkursion an die Steppenhänge der Mühlhausen-Langensalzaer Keupermulde nördlich der Unstrut am 17. Juli [1983]. – Haussknechtia 1, 55-56.

Reuther R. & U. Fickel (2006): Die Grabschen Berge – ein wertvolles Naturschutzgebiet im Übergang des Thüringer Beckens zu den Höhen des Hainichs. – Mühlhäuser Beiträge 29, 5-21.

 

Hanfsee:

Görner, M., R. Haupt, W. Hiekel, E. Niemann & W. Westhus (1984): Handbuch der Naturschutzgebiete der DDR. Band 4: Die Naturschutzgebiete der Bezirke Erfurt, Suhl und Gera. 2. Aufl. Leipzig, Jena, Berlin.

 

Text und Fotos Peter Rode (Stadtroda)

Allium rotundum

Dryopteris cristata

Orobanche elatior

Rosa agrestis